Dejavu - kennst du das auch?

Alltäglich sind wir damit konfrontiert. Den allgegenwärtigen Management-Tools, den neuzeitlichen Mythen der Arbeitswelt, die wir uns selbst erschaffen haben und die wir weitergeben von einer an die nächste Generation. Einige sind schon älter, einige davon sind jünger. Doch alle Mythen tragen den Geist in sich, durch immer währende Anwendung das Gute in die Arbeitswelt zu bringen. Oder vielleicht doch nicht?

Setzten wir unsere Betrachtung gemeinsam fort. Was verspricht sich Führung von den Tools? Was versteckt sich in Wahrheit dahinter? Vielleicht hattest du im ersten Teil schon ein Dejavu. Würde mich freuen wenn du auch hier an der einen oder anderen Stelle mit einem Grinsen im Gesicht feststellst, ja das kenne ich auch.

 

 

Incentive

Was ist denn ein Incentive? Wikipedia beschreibt sie so: "Sie sind eine andere Art der Motivation zur Steigerung des Arbeitseinsatzes, der Loyalität zu einem Unternehmen oder einer Marke oder zur Förderung des Verkaufs von Produkten. Die Teilnahme ist üblicherweise an die Erfüllung eines Zieles innerhalb definierter Zeiträume gebunden. Ist ja eigentlich richtig toll. Wer erfolgreich ist bekommt noch einmal ein extra oben drauf. Vielleicht als Reise mit den anderen Gewinnern und der Geschäftsleitung auf die Malediven. Dort werden tolle Ausflüge und eventuell als Highlight noch ein Konzert eines berühmten Künstlers oder Band erlebt. Wow, da möchte ich auch dabei sein. Doch was passiert wenn ich nicht dabei sein kann. Vielleicht gibt es mein Verkauftsgebiet einfach nicht her, dass ich die Zahlen erfüllen kann. Oder ein Kollege ist ausgefallen und ich musste dessen Vertretung übernehmen und hatte deshalb nicht genügend Zeit zur Zielerfüllung. Vielleicht stehen für mich persönlich wichtigere Ziele im Vordergrund, wie zum Beispiel die Kundenbindung und Zufriedenheit und nicht der gewünschte Neuabschluss. Bin ich damit nicht so wertvoll für das Unternehmen? Nach den gefeierten und belohnten Maßstäben bin ich jedoch ein Looser. Traurig oder? Was ist, wenn ich nicht darauf stehe an solchen Tschaka wir sind die Größten Veranstaltungen, teilzunehmen? Pech, es gibt keinen Ersatz. Ich frage mich, warum dies nicht individuell auf den Mitarbeiter zugeschnitten sein kann, würde doch bestimmt mehr Freude und Zufriedenheit erzeugen als ein gemeinschaftliches Tschaka? Und wer glaubt, dass man mit Incentives Motivation und Loyalität steigern kann, der lügt sich selbst an. Motivation ist was Intrinsisches und kann nur durch sich selbst erfolgen, am besten, wenn meine Bedürfnisse und Wünsche dauerhaft erfüllt werden und nicht durch ein kurzes Feuerwerk an gemeinschaftlichem Tschaka . Loyalität kann man nicht kaufen, auch nicht durch Incentives. Wer so denkt hat nicht erkannt, dass es sich hierbei nicht um einen Sprint handelt, sondern um einen Marathon den es zu gewinnen gilt. Bisher haben wir nur den Bereich des Unternehmens angesehen, der die Ziele gesetzt bekommen hat. Was mit den ganzen anderen Bereichen des Unternehmens, die keine Incentives haben aber indirekt auch mit den Folgen der Zielerreichung zu tun haben? Was bekommen den die Auftragsabteilungen, die zusätzliche Arbeiten übernehmen und mit eventueller Überlastung zu kämpfen haben, weil sie für die Menge nicht besetzt sind. Oder die Produktion, die trotz dem Mehr an Menge die Qualitäts-Standards und die Auslieferungsfristen einhalten müssen. Gibt es hier auch etwas? Ja mehr Druck und sonst nichts. Für diese Mitarbeiter werden keine zusätzlichen Euros in die Hand genommen, keine Boni bezahlt. Ist das nicht ungerecht? Diese Ungerechtigkeit wird von den Mitarbeitern auch so wahrgenommen und wenn es auch nicht dauerhaftes Thema in allen Besprechungen ist, dann ist es jedoch immer dann Thema, wenn wieder einmal in der Unternehmenszeitung berichtet wird, wie man auf den Malediven wieder einmal so richtig abgefeiert hat. Na dann viel Spaß. Ich gehe davon aus, dass du mir zustimmst, wenn ich sage Incentives kosten mehr als sie einbringen und schon gar nicht die gewünschten Effekte bei Loyalität und Motivation. Mythos zerstört.

 

 

Bonus

Mit dem Bonus verhält es sich wie mit dem Incentive. Der Mitarbeiter, der die Ziele erreicht bekommt noch einen Nachschlag. Über den Bonus sollen die Mitarbeiter gesteuert werden. Wir möchten zielgerichteten Erfolg generieren. Doch wie sieht denn das im wahren Leben aus? Aus Teams werden Einzelkämpfer, die nur das tun was zum Erreichen des Bonus wichtig ist. Andere Tätigkeiten, welche für das Unternehmen ebenso von Bedeutung sind werden ignoriert, dafür gibt es ja keinen EURO mehr. Oder Aufträge werden am Jahresende ins neue Jahr geschoben und am Ende gibt es einen Bonus und die Gewissheit, alles richtig gemacht. Entscheide selbst ob der Mythos zerstört ist.

 

 

Work-Life-Balance

Work-Life-Balance setzt voraus, dass wir die Arbeit, also "Work" vom Leben abtrennen und als eigenständigen Teil betrachten. Dann gilt es nur noch die beiden Teile, also der Anteil Leben, englisch "life", in eine Balance zu bringen und schon haben wir eine für uns gesunde Mischung. Das Ying und Yang des Lebens besteht also aus Arbeit und Leben. Alleine schon wenn ich das so betrachte bekomme ich den Eindruck, dass hier etwas nicht stimmt. Ist die Arbeitszeit etwas anderes als Lebenszeit. Kann ich diese Zeit eventuell mental abkoppeln von meinem restlichen Leben? Fühle ich etwa bei der Arbeit anders oder habe ich andere Bedürfnisse oder Wünsche. Es sieht so aus als ob sich dieser junge Mythos so langsam in unserem Alltag breit macht. Immer mehr findet man in den Unternehmen diese Ansätze von Work-Life-Balance. Es werden neue Bereiche, Abteilungen und Zuständigkeiten eingerichtet. So gibt es unter dem Begriff des innerbetrieblichen Gesundheitsmanagement eben diese Bestrebungen für einen Ausgleich auf der Lebensseite zu sorgen. Mach in deiner Firma ein wenig Yoga oder eine Rückenschule. Gehe in den Firmeneigenen Fitnessraum und sorge für deine Balance. Doch was ist, wenn es die Work-Life-Balance Theorie in der Realität nicht geben kann, weil ich mein Leben eben nicht trennen kann, weil alles Lebenszeit ist. Soll das etwa heißen, dass diese ganzen schönen Dinge nur eingerichtet werden um die Verantwortung an den Mitarbeiter, zurück zu geben. Mit dem dann bequemen Ansatz, dass ich dem Mitarbeiter immer noch mehr zumuten kann, denn ich biete ihm gleichzeitig die Chance auf sein Gleichgewicht, dann brauche ich mir die negativen Folgen von zum Beispiel Überforderung oder Überlastung nicht anzulasten. Nach dem Motto, bring 50% mehr Leistung und als Ausgleich nimm doch einen Yoga-Kurs dazu, Namaste. Angesichts zunehmender psychosomatischer Erkrankungen aufgrund Arbeitsplatz bedingter Folge, eine schon fast tödliche Ignoranz. Auf der einen Seite der Wunsch nach längerer Lebensarbeitszeit, aber mit diesen pseudo Lösungen sind die derzeitigen Probleme nicht zu lösen. Wie sollen ältere Arbeitnehmer das noch leisten können? Eines ist sicher mit Work-Life-Balance ist da nichts zu machen. Für mich eindeutig Mythos zerstört.

 

 

Assesment-Center

Wer für eine Stelle geeignetes Personal sucht hat es nicht leicht. Wenn jedoch augenscheinlich geeignetes Personal gefunden wird, muss es noch das Assesment-Center bestehen. Die Bewerber werden Stress ausgesetzt um zu sehen wie sie sich in simulierten Arbeitsabläufen verhalten. Das alles geschieht auf der Basis von standardisierten Abläufen, die von Experten erstellt wurden, um die gewünschten Fähigkeiten beurteilen zu können. Kommt mir irgendwie bekannt vor. Der Mensch wird auch hier wieder in eine berechenbare Größe umgewandelt um die Sicherheit zu bekommen, die richtige Entscheidung treffen zu können. Im Modell vielleicht eine gute Sache aber in der Realität sieht es anders aus. Schau dich im Internet um und du wirst zahlreiche Seiten finden, die dir ein Training als Vorbereitung auf ein Assesment-Center anbieten. Wenn ich also mein Verhalten im Assesment-Center trainieren kann, sind dann die gezeigten Fähigkeiten real oder nur antrainiert? Ist es dann nicht eher so, dass der im Assesment-Center qualifizierteste Bewerber der ist, der sich am besten in die Gedanken derer hineinversetzen konnte, die das Assesment-Center erstellt haben? Die menschliche Psyche ist zu komplex als dass man in einem eintägigen oder zweitätigen Assesment-Center die Möglichkeit hätte, sich einen tatsächlichen umfassenden Eindruck verschaffen zu können, der die Sicherheit der richtigen Entscheidung garantiert. Für mich ein weiterer Mythos, der zerstört wurde.

 

 

Best practice

Einfach gesagt „copie-paste“, also eine bereits bewährte Vorgehensweise, ein Ablauf einfach in die eigenen Systeme, oder Arbeitsabläufe einfügen. Das ist auf den ersten Blick ja nicht schlecht. Profitieren von bereits gemachten Erfahrungen. Lass die Fehler die Anderen machen, wenn es gut ist werden wir es einfach übernehmen. Doch genauer betrachtet, ist das beste System des einen eben das für ihn passende System. Sind wir, also unsere Abläufe und Mitarbeiter und unsere Märkte heute bei der Übernahme der bestpractice tatsächlich in der gleichen Ausgangssituation in der ursprünglich die bestpractice sich bewährt hat? Best practice ist immer ein nach hinten gerichteter Blick. Die Welt hat sich jedoch weiter gedreht und unsere Welt ist zu komplex, um mit einfachen wenn – dann Funktionen arbeiten zu können. Wenn bestpractice funktioniert dann wäre das Leben doch so einfach. Mein Sohn müsste nur die erste Mathe-Arbeit der neunten Klasse seiner Schwester auswendig lernen um dann bei seiner eigenen Mathe-Arbeit in der neunten Klasse auch eine eins zu schreiben. Nach bestpractice Gesichtspunkten müsste das doch ein guter Ansatz sein. Warum klappt das doch nicht auch wenn beide an der gleichen Schule sind? Mein Sohn hat nicht denselben Lehrer und das ist nur ein Parameter, der sich verändert hat. Wie soll das dann bei komplexen Firmen und Märkte funktionieren?

 

Wie siehst du das mit den Mythen?

 

Lust auf noch mehr Mythen?

Hier geht es direkt zu Teil 1.

 

 

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    A.Schäfer (Freitag, 04 März 2016)

    Lieber Herr Friese,
    das hört sich alles recht verkniffen an, als ob Sie im Berufsleben ziemlich schlechte Erfahrungen gesammelt hätten. Da wir wohl viel Kontext teilen, kann ich das -aus meiner Erfahrung- nicht ganz nachvollziehen.
    Können wir uns darüber mal in der Cafeteria austauschen? Ich bin momentan in Urlaub (daher habe ich auch die Zeit, im Internet zu stöbern), danach aber gerne.
    Gruß
    A.Schäfer